Fünf Jahre

Im Rückblick vergeht Zeit sehr schnell. Heute vor fünf Jahren ist mein Vater gestorben. Ich habe die Wochen damals damit verbracht, einige Dokumente aus Ordnern zu scannen und zu sortieren.

 

Vieles davon habe ich hier schon vorgestellt. Vieles habe ich aber noch nicht ausgewertet oder nicht auswerten wollen. Unter anderem gab es einen kleinen Disput zwischen mir und meinem Vater, der als ich in meine erste eigene Wohnung gezogen war, zunächst zu knapp zwei Jahren kompletter Funkstille geführt hatte. Dieser Disput ist in einem Brief von mir und einer Antwort meines Vaters dokumentiert – aber das soll heute nicht das Thema sein. Ich erwähne das nur, weil mein Vater diesen Briefwechsel aufgehoben hatte. Und er hatte auch einige Artikel, die ich damals veröffentlicht hatte, ebenfalls aufgehoben. Wenn ich das Revue passieren lasse, dann trifft mein altes, idealisiertes Ich auf einen älteren Mann, der mir damals nicht wirklich Argumente entgegengebracht hat, sondern Ausflüchte zusammengeschrieben hatte. Und ich muss selbstkritisch eingestehen, dass ich manchmal ungerecht war. Ich habe meinem Vater vorgeworfen, wenn er die BILD-Zeitung jeden Tag gelesen, Lotto gespielt und lange Jahre seine Energie in Alkohol investiert hatte – ungerecht war es, aber vielleicht war ich auch einfach zu jung damals, die Dinge nicht beim Namen genannt zu haben. Heute würde ich es Spielsucht nennen, gepaart mit persönlicher Frustration. Aber jeder Mensch hat fortwährend damit zu kämpfen, nicht in einer der vielen perfiden Fallen zu laufen, die der Lauf der Zeit bereit hält. Und mit Fallen meine ich das, was das Selbst von der eigenen Reflexion abhält. Das muss man selbst erstmal besser machen.

Daher heute ein ganz anderer Schwerpunkt. Zum einen vier Urkunden, die fast identisch aussehen und die kurze Karriere beim Bundesgrenzschutz dokumentieren. Mein Vater hat es immer als großen Fehler gesehen, dass er damals das Berufsbeamtentum abgelehnt hatte und stattdessen als ´einfacher´ Arbeiter sein Geld verdient hat. Ich sehe das ganz anders – ich glaube, dass war eine der richtigen Entscheidungen in seinem Leben. Hätte ich auch so gemacht. Ganz sicher.
Stattdessen der Eintritt in eine Gewerkschaft. Das passt natürlich und ist in einer Ehrenurkunde von 1997 dokumentiert – angeblich aber hat mein Vater immer die CDU gewählt. Mit dem Gedanken kann ich mich nach wie vor nicht so recht anfreunden. Nicht, weil es mir nicht passt, sondern weil es widersprüchlich ist. Aber damit wären wir wieder bei dem Selbst und der Reflexion. Die funktioniert letztendlich immer nur mit Widersprüchen.
Außerdem habe ich einige Fotos ergänzt. Fotos und Dokumente gibt es hier.

Zusätzlich habe ich auch noch eine kleine Anekdote gefunden, die man heute, knapp 60 Jahre danach, wie ein kleines, interessantes Zeitdokument lesen muss. Mein Vater hatte offensichtlich mal richtig Ärger gehabt. Es ging um einen Busgeldbescheid der Stadt Lübeck. Die war mit dem damaligen Mietverhältnis nicht einverstanden. Offensichtlich war dieses nicht klar geregelt und es gab wohl auch Ärger mit dem Menschen, den man Vermieter nennen würde. Mein Vater hatte wohl 1.000,- DM hinterlegt – sehr viel Geld damals – und wollte einen Teil dieses Geldes wiederhaben. Gleichzeitig musste er sich gegenüber den Behörden äußern und auf einen Bußgeldbescheid reagieren. Jedenfalls scheint sich dieser Konflikt – mein Vater zwischen Behörden und nicht klar geregeltem Mietverhältnis – auch Anfang der 60er Jahre, als meine Eltern nach Troisdorf gezogen waren, fortgesetzt zu haben. Wie es scheint über drei Jahre hinweg. Ausgang unklar. Aber dass es dabei um richtiges Geld ging, wird allein schon aus der Formalität der ganzen Angelegenheit deutlich. So ein ´Amtsdeutsch´ war meinem Vater immer zuwider.


Egal, hier einfach mal unkommentiert diese Dokumente. Was 20,- DM, mit Zinsen sogar 22,- DM so alles bewirken konnten ;-) Außerdem – Garten oder kein Garten, dass ist hier die Frage ... Die Gegenpartei hat sogar einen Anwalt. Aber so wirklich lässt sich der Gegenstand des Streites nicht benennen. Man kann nur ahnen, was damals das Problem gewesen sein muss.
Die Qualität einiger Scans ist nicht gerade berauschend. Eines der Dokumente wurde mit Schreibmaschine auf transparentem Papier getippt. Die Dokumente sind chronologisch geordnet.