Das Kleingedruckte

(Dieser Artikel bezieht sich auf diesen Artikel über die Anschaffung meines eBikes vor einigen Wochen)

 

Bei einer teuren Anschaffung, die auch ein beliebtes Diebesgut darstellt, lohnt sich eine Versicherung. Fahrradversicherungen, insbesondere für eBikes, sind derzeit eine Wissenschaft für sich und mindestens so umfangreich wie eine Autoversicherung. Für den Verbraucher sind sie derzeit noch sehr komplex, was einfach an noch vielen fehlenden Regulierungen liegt. Der Begriff „Vollkasko“ ist bei Autos recht eindeutig definiert. Bei Fahrrädern gibt es diesen Begriff auch – er unterliegt aber dem Kleingedruckten der Verträge. Die muss man unbedingt in allen Details lesen!

 

Hausrat und Fahrräder

Bevor ich zu den Details komme, erst mal eine Klarstellung. Viele Menschen denken, Fahrräder zu versichern sei nicht nötig – man hat ja eine Hausratsversicherung. Und da sind Fahrräder mit drin. Ganz böser Irrtum. Fahrräder sind in einer klassischen Hausratsversicherung mit 1% des Versicherungswertes versichert, meistens aber bis maximal 500,- EUR. Habe ich eine Hausratsversicherung über 50.000 EUR abgeschlossen für die ich im Jahr sagen wir mal 70 EUR zahle, dann wird diese Versicherung kein eBike im Wert von 4.000 EUR ersetzen. Eine Aufstockung einer Hausratsversicherung wäre möglich – die Kosten sind dann aber vermutlich höher als bei einer speziellen Fahrradversicherung.

 

Fahrrad-Vollkasko: Von 40,- bis 400,- EUR im Jahr

Also habe ich angefangen zu recherchieren (das habe ich eigentlich schon vor dem Fahrradkauf gemacht). Erster Anlaufpunkt war der ADFC (das Pendant zum ADAC). Dort könnte man Mitglied werden und bekäme einen Rabatt bei dort angebotenen Versicherungen. Diese Versicherung kostet im Jahr 370,- EUR. Das erschien mir etwas viel, allerdings handelt es sich hierbei tatsächlich um eine sorgenfreie Vollkasko-Versicherung. Man würde dort anrufen und das Fahrrad als gestohlen melden und die Versicherung würde vermutlich ohne große Recherche zahlen. Die Vertragsbedingungen in Bezug auf die Pflichten des Versicherungsnehmers sind so allgemein formuliert, dass die Versicherung eigentlich immer einspringt.

Dann habe ich extrem günstige Versicherungen gefunden. Eine sogar unter 40,- EUR im Jahr und da wird man dann misstrauisch. Worin mag sich diese Versicherung von anderen unterscheiden? Man liest den Vertrag genau durch. Die Versicherung ist zehnmal günstiger – das Vertragswerk aber zehnmal so lang. Und da liegen dann auch die entscheidenden Dinge, die beachtet werden müssen. Die Vertragsbedingungen sind nahezu unmöglich einzuhalten. Vollkasko-Versicherungen, bei denen der Versicherungsnehmer in die Verantwortung genommen wird, schreiben in der Regel vor, welches Fahrradschloss benutzt werden muss. Das muss auch dokumentiert sein. Kann ich keine mit dem Fahrradkauf selbst zusammenhängende Rechnung des Fahrradschlosses vorlegen, dann besteht kein Versicherungsschutz. Das Kleingedruckte weist auch darauf hin, dass explizit eine Rechnung vorliegen muss – ein Kassenbon würde nicht ausreichen. Es wird außerdem das exakte Modell der zugelassenen Schlösser angegeben. Ich habe mir diese Schlösser angeschaut. Kein normaler Mensch würde diese Schlösser an seinem Fahrrad anbringen, da sie unglaublich schwer sind (bis zu 20 KG) und vollkommen unhandlich. Diese Schlösser müssen aber verwendet werden. Wer nun glaubt, ein teures Faltschloss gekauft zu haben und damit versichert zu sein – großer Irrtum.

Noch viel wichtiger ist der Passus, in dem geregelt ist, wie ein Fahrrad gesichert sein muss. Während die teuere Versicherung das sehr allgemein handhabt, ist die billige Versicherung hier extrem ausführlich. Unterwegs muss das Fahrrad an einem feststehenden Gegenstand abgeschlossen sein (das ist noch akzeptabel). Aber das Gleiche gilt für einen Kellerraum. Auch hier muss das Fahrrad an einem Gegenstand angeschlossen sein. Wer hat so etwas in seinem Fahrradkeller? Vermutlich niemand.

 

Wer weiß, wieviele Menschen so eine tolle günstige Versicherung abschließen und anschließend ein Problem haben. Das fängt beim Einreichen der Rechnung an. Da muss das passende Schloss dokumentiert sein. Und im Zweifelsfall wird jemand von der Versicherung vorbeikommen und sich den Kellerraum anschauen.

 

Lange Rede, kurzer Sinn: Wer eine vernünftige, also praktikable und halbwegs günstige Versicherung für ein teueres Fahrrad haben möchte, muss einen Mittelweg gehen. Man sucht eine Versicherung, die eine Mitwirkungspflicht vorschreibt, die aber auch realistisch ist. In meiner Versicherung, die ich mir ausgesucht habe, heißt es unter anderem

 

„ ... Zur Sicherung des Fahrrades sind entweder Schlösser mit einem Mindestkaufpreis von € 49,- zu verwenden, oder folgende Schlösser ...“ (Oder ist im Vertrag explizit fett gedruckt und in einem Zusatzdokument wird das auch erklärt)

 

„ ... bei Unterbringung in einem abgeschlossenen Raum zumindest einfach mit einem der unter a) genannten Schlösser gegen Diebstahl zu sichern ...“

 

Auch das wird genauer erklärt. Besteht ein Nachweis darüber, dass ein Kellerraum selbst verschlossen war, dann besteht Versicherungsschutz, wenn das Fahrrad abgeschlossen (man beachte den Unterschied zu angeschlossen) war. Ich habe das Glück, dass in unserem Gemeinschaftsfahrradkeller eine elektronische Sicherung für den Vorraum des Kellers angebracht ist. Die gibt den Kellerraum nur frei, wenn er zuvor elektronisch mit einem Schlüssel entsichert oder aufgebrochen wurde. Letzteres erzeugt einen Alarm, Ersteres führt nach knapp einer Minute wieder zum Verschluss des Kellerraums. Hintergrund hierfür waren exakt solche Versicherungsfragen.

 

Zwei Sachen noch abschließend: Eine Fahrradversicherung muss auch gegen Vandalismus und gegen elektronische Schäden absichern. Ein eBike ist wertlos, wenn sich jemand an dem Akku zu schaffen gemacht hat. Dieser Teil muss also explizit mit versichert sein. Meine Versicherung verlangt hierfür einmalig einen Nachweis einer Erstinspektion innerhalb der ersten sechs Monate, einfach um Defekte von Garantiefällen trennen zu können. Die billige Versicherung verlangt diese Inspektion sehr viel häufiger. Wenn man bedenkt, dass eine Inspektion eines eBikes ca. 100 EUR kostet, dann sollte man sich überlegen, an welcher Stelle man spart.

 

Ich zahle für meine Versicherung knapp 120,- EUR im Jahr und musste diese Versicherung auf mindestens drei Jahr festschreiben. Das war für mich der goldene Mittelweg und ich denke, das ist annehmbar. Wer also auf diese Seite gelangt, weil er Infos zu Fahrradversicherungen gesucht hat: 

  • Unbedingt das Kleingedruckte lesen!
  • Vollkasko ist kein im Detail regulierter Begriff bei Fahrradversicherungen, sondern wird vom Versicherer individuell definiert.
  • Es gibt schlicht keine akzeptable Fahrradversicherung unter 100,- EUR im Jahr.